Angeregt von Meike, in deren Blog darüber diskutiert wird, schrieb Catherine in ihrem Blog ihre Gedanken dazu und fragt, ob es generell vielleicht Menschen aus großstädtischen Innenstädten mit hohem Freak-Alarm leichter haben, auffällige Kleidung zu tragen. Meine Gedanken dazu sprengen einen Blog Kommentar, also schreibe ich sie hier nieder.
Ich komme aus einem Dorf <1000 Einwohner und habe mir ein dickes Fell zugelegt. Geredet wird dort sowieso und die Meinung der spießbürgerlichen Leute dort war mir ziemlich egal. In der Kleinstadt, in der ich zur Schule gegangen bin, durfte ich mir oft doofe Sprüche anhören, wenn ich barfuß in Hippie-Kleidung rumlief. Andere wiederum (das habe ich später erfahren) haben mich dafür bewundert. Ich weiß nicht genau, wo ich mein Selbstbewusstsein in der Hinsicht hernahm, denn ich war eigentlich ziemlich unsicher und fand mich selbst gar nicht toll. Vielleicht lag es auch genau daran, vielleicht dachte ich, wenn ich eh schon komisch bin, dann aber auch mit Karacho. Man weiß es nicht, aber ich hatte dadurch die schöne Möglichkeit, sämtliche Stile einmal auszuprobieren.
Dann bin ich in eine Stadt >350 000 Einwohner in NRW gezogen. Irgendwann kannte ich dort jede Menge Leute und die Leute mich, ich hatte einen riesigen Freundes- und Bekanntenkreis und alle diese Leute hatten Stil, alle mehr oder weniger denselben. Sie hörten alle tolle Musik, man traf sich auf Konzerten und auf Parties und diese homogene Masse brachte mich wohl irgendwie dazu, dadurch, dass ich die alle so toll fand, dass ich mich klamottenmäßig irgendwie gar nicht so richtig abheben wollte. Ich passte mich an. Ich war immer noch ich, denn ich fand das ja auch alles toll, aber trotzdem fing es an, dass ich mich nicht getraut hätte irgendwie dolle aus der Reihe zu fallen. Ich fragte mich tatsächlich: "Kann ich so gehen?"
Erst in Berlin und auch erst nach einiger Zeit, ist mir das wieder ziemlich egal geworden. Hier kennt mich eh keiner. Eigentlich kann ich hier machen, was ich will, selbst wenn ich auffalle. Trotzdem fühle ich mich manchmal unwohl, wenn mich Leute anschauen und ich denke im ersten Moment, ich hab meinen Rock in die Strumpfhose gestopft oder Marmelade im Gesicht. Erst im zweiten Moment komme ich auf die Idee, dass die vielleicht nur gucken, weil mein Kleid so farbig ist oder weil ihnen vielleicht sogar gefällt was sie sehen. Verrückt.
Was ich sagen will? Ich glaube nicht, dass es am Ort liegt, welche Kleidung man anziehen mag, eher liegt es an einer selbst. Entweder ist eine mutig oder sie scheißt auf die Meinung der Leute, dann kann sie anziehen und denken und sagen, was sie will oder sie macht sich zu viele Gedanken, ob sie das bringen kann oder nicht. Dann traut sie sich nicht und lässt den Hut zuhause. Ich hab das alles durch.
Ich denke, es gehört schon Selbstbewusstsein oder ein dickes Fell dazu. Eine sollte sich nicht so viele Gedanken machen, was andere denken könnten.
Ich bin ganz froh, dass ich wieder meinen Weg gefunden habe. Ich ziehe an, worauf ich Bock habe. Aber ich muss schon zugeben, dass mich die #Nähnerds, die vielen tollen MMM-Frauen ermutigen und selbstbewusster machen. Einfach dadurch, dass ich eben nicht allein bin. <3
Lebe in einer kleinen Stadt....als ich letztens mit selbstgenähtem kleid aufkreuzte...waren die blicke prozentual überproportional blöd.
AntwortenLöschenAn einem schlechtem Tag hätte ich schwer zu kämpfen gehabt, aber da fand ichs lächerlich.weil ich fand mich toll...aber das kommt echt immer drauf an wie ich im Futter stehe...wobei ich echt glaube das.kann man echt richtig üben mit Gelassenheit und reduzierter Interpretationslust gegenüber anderen blicken....
Ich finde deine kleide immer sehr toll und würde gern so gut paspeln können !
Liebe Grüße
Stella
Ich kann mich Dir nur anschließen: es liegt an einem selbst, man muss mutig genug sein. Vielleicht ist aber in einem kleinen Ort die Menge der überforderten Menschen übermächtiger als in einem großen Ort, so dass dann die nicht überforderten Blicke eher untergehen. Und man sieht auch weniger Menschen, die ebenfalls mutig genug sind. So fühlt man sich dann vielleicht eher "allein". In Berlin z. B. sieht man öfter Menschen in verrückter Kleidung als in Kleinkleckersdorf. So bin ich daran gewöhnt und empfinde mein Auftreten vielleicht nicht als ganz so anders und andere sind daran gewöhnt und gucken vielleicht weniger oft überfordert. Versteht man, was ich sagen will?
AntwortenLöschenLieben Gruß
Cati
Ich denke doch, es liegt sehr wohl auch an dem Ort, ob man sich dieses oder jenes traut und das nicht nur in Bezug auf Klamotten.
AntwortenLöschenNatürlich, ist man so selbstbewusst oder so "abgehärtet", dass einem Gerede und Gegaffe anderer wurscht ist, dann macht man auch im kleinen Dorf was man will.
Ich kenne auch das Dorf (meine Heimat ca. 1000 EW), die Großstadt, die "dörfliche Stadt"... und ich muss von mir sagen - Dank MMM und meinen nunmehr auch vielen genähten Kleidern bin ich schon "mutiger" in der Kleidungswahl geworden. Bin ich in der Heimat zu Besuch, trage ich auch alles, was ich in der größeren Stadt auch trage. Aber ich bin nur paar Tage zu Besuch und dann wieder weg und was die Leute denken - egal. Würde ich wieder dort leben, wäre das ganz bestimmt auf Dauer anders.
Am Wohlsten allerdings fühle ich mich tatsächlich in Berlin, da trage ich Kombinationen, die ich sonst nirgendwo anziehen würde ;) Schon komisch irgendwie.
LG Doreen
Als ich zum ersten mal nach Berlin zog (Ende der Siebziger ) hatte ich ein Jahr das Gefühl: " Ich bin hier ein Nichts " , dann stellte sich dieses wunderbare Berlin Gefühl ein " Ich kann hier auch mit 'nem Baströckchen übern Ku Damm laufen , es kümmert kein Schwein " - dieses Gefühl hat mich auch ausserhalb Berlins sehr selbstbewusst gemacht . Das hat mich sehr geprägt und ignorant werden lassen , was die Blicke der anderen angeht...
AntwortenLöschenLG Dodo
Finde deine Geschichte sher interessant, und man sieht ganz gut, dass es eben mit dem Rat "Zieh einfach an, was dir gefällt. Ist doch egal, was die anderen sagen." eben nicht getan ist. Es hängt sehr wohl von der Umgebung und dem Umfeld ab, nicht nur davon, dass man sich nicht traut. Wenn man sehr stark in eine bestimmte soziale Gruppe eingebunden ist, ist es schwer, von den unausgesprochenen Regeln in diesem Kreis auf einmal abzuweichen. Wenn das eine Jeans-und-Tshirt-Clique ist, und die kennen einen jahrelang auch alle genau so, dann ist es schon nciht so einfach, auf einmal im Kleid aufzukreuzen. Da hat mans gut, wenn man den Ort oder den Job wechselt und so in neue Umgebungen kommt.
AntwortenLöschenIch habe deinen Blog völlig durch Zufall entdeckt und bin ganz begeistert. Vom Blog und von diesem Artikel. Hätte isch bis auf die Städte genauso schreiben können.
AntwortenLöschenUnd es ist sooooo wichtig, sich so zu kleiden wie es einem selbst entspricht. Mittlerweile ist meine Erfahrung, dass die meisten "Komischgucker" oder "Seltsamanquatscher" sich am liebsten ein Scheibchen abschneiden würden.
In diesem Sinne
lieben Gruß
Brigitta
Dein Artkel gefällt mir sehr gut.
AntwortenLöschenDer Gedanke, dass es auch bewundernde Blicke sein könnten, welche einem folgen, kam mir ebenfalls ziemlich spät.
Persönlich schaue ich nämlich Menschen mit einem persönlichen Stil auch gerne nach, aus Bewunderung. Nicht zu vergessen, wie inspirierend das ist.
Naja und was die "berufsmäßigen" Komischgucker betrifft..., wenn sie sich nicht gerade über den Kleidungsstil Einzelner aufregen, dann vermutlich über Nachbar's Rasenhöhe oder Gardine. ;-)
Liebe Grüße sendet Heike