Freitag, 30. November 2012

Konsumverweigerung

Ich gehe nicht mehr shoppen. Ich habe jetzt schon seit Monaten keine Klamotten mehr gekauft. Das hat jetzt auch nicht primär mit meiner prekären finanziellen Lage zu tun. Ich will das einfach nicht mehr.

Die Gründe dafür sind vielschichtig und haben sich immer weiter zugespitzt. Ich fange mal vorn an.
Als Jugendliche haben meine Schwester, die nichtmal 2 Jahre älter ist, und ich zusätzlich vom Taschengeld auch noch Klamottengeld bekommen. Ich glaub, meine Mutter hat irgendwann einfach eingesehen, daß Klotten shoppen mit zwei pubertierenden Mädchen einfach unerträglich ist und sich auf unsere Idee eingelassen. Wir sind dann nach einigem Sparen alle Jubeljahre samstags vom Sauerland mit dem Zug nach Dortmund gefahren. Nur zum Shoppen. Die Stadt war für uns Landeier das absolute Paradies und wir haben unser ganzes Erspartes auf den Kopf gehauen. Dort haben wir dann unseren ersten H&M entdeckt und waren ganz hin und weg. Abgesehen von diverser Directionsfarbe und Punk oder Gothic Klamotten war der H&M für uns das Größte. Ich weiß noch genau wie glücklich ich war, als der erste Schwede dann auch in Paderborn, das ja deutlich einfacher zu erreichen war, aufgemacht hat.

Seitdem habe ich dort schätzungsweise ein paar Tausend Euro hingeschleppt. Und auch zu C&A, Pimkie, Orsay und Konsorten.

Irgendwann habe ich dann aber angefangen, mich zu fragen, warum die Sachen eigentlich so günstig sind. Die Masse allein macht den Preis ja auch nicht so klein. Wie ja wahrscheinlich bei jedem mittlerweile angekommen ist, haben solch niedrige Preise immer mit Ausbeutung von Menschen, Tieren oder der Umwelt zu tun unter anderem auch auf Kosten der Qualität.

Kürzlich ist in Bangladesh in einer Nähfabrik ein Brand ausgebrochen und da die Näherinnen dort unter miesen Bedingungen arbeiten müssen und die Gebäude nicht brandsicher gemacht werden, sind über 100 Näherinnen bei dem Brand ums Leben gekommen. Diese Fabrik arbeitet vielen europäischen Firmen zu, unter anderem C&A.

Abgesehen davon sind viele der verwendeten Farben für Billigkleidung giftig und die Färber und Näherinnen werden nicht gegen giftige Dämpfe geschützt.

Mich regt es einfach immer auf, wenn alle immer Wachstum und noch mehr Wachstum wollen, die Firmen immer reicher und reicher werden und die Arbeitnehmer immer ärmer und kränker oder sogar tot. So kann das doch nicht weitergehen! Was ist das denn für eine Welt in der wir leben? Warum bekommen die Leute, die Sachen verkaufen immer viel mehr vom großen Kuchen als die Leute, die die Sachen herstellen?

So, jetzt könnte man natürlich sagen, dann geh halt in Läden, die sich an der Ausbeutung anderer Menschen, Tiere und Umwelt nicht beteiligen. Die gibt es und die sind auch unterstützenswert, aber leider leider kann ich mir das nicht leisten.

Jetzt habe ich ja das große Glück, daß ich nähen kann. Hurra! Natürlich ist mir bewusst, daß die niedrigen Preise am Maybachufer auch nicht mit rechten Dingen zugehen können, aber immerhin lasse ich so ein Glied der Ausbeutungskette aus und ersetze es durch mich selbst.
Jetzt muß ich nur noch Schuhe machen können!

17 Kommentare:

  1. Das geht mir ähnlich, eigentlich kaufe ich nur noch Unterwäsche, Strumpfhosen, Socken und Schuhe. Seitdem ich weiß, dass auch die teureren Sachen mit irgendeiner Marke im Prinzip in genau den gleichen Billigfabriken hergestellt werden (was dann ja eine besonders große Verarsche ist, weil sich die Qualität etc. in nichts von Orsay und co unterscheidet), will ich überhaupt nichts mehr kaufen. Ich schaue gern mal in Läden, wo kleine selbständige Designer verkaufen und die Sachen tatsächlich hier (oder maximal in Polen) genäht werden - aber leisten kann ich mir die Sachen nicht. Aber Ideen sammeln und Selbernähen!
    Hast du übrigens gesehen, dass Anja Rieger selbst Schuhe gemacht hat? http://anjarieger.blogspot.de/2012/11/me-made-mittwoch_28.html
    Es geht also, ich hoffe sie schreibt bald noch was dazu.

    viele Grüße!

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    1. Oh, hat sie schon:
      http://anjarieger.blogspot.de/2012/12/schuhe-machen.html

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  2. Ich halte es wie Lucy muss aber auch noch Strickjacken kaufen, weil ich das mit den Nadeln und der Wolle und den Mustern und den Händen partout nicht verstehen will. Gut also, dass ich nicht in Berlin wohne, sonst müsste ich, um auch zum MittwochsMaschen-Treffen kommen zu können mit der Häkelliese anrücken.

    Tatsächlich ist die Nähbloggerinnen-Community ja im Vorteil was das Nähen betrifft, aber auf dem Auge Stoffkauf auch ein bisschen arg blind. Leider sind die Bio-Stoffe aber immer so teuer (und ja auch oft eher im Kinder-Jersey-Bereich angesiedelt), dass ich auch immer wieder auf garantiert nicht unter fairen und gesunden Bedingungen hergestellte Ware zurückgreife. Seufz.

    Liebe Grüße!

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    1. das ist ja mal nen toller Grund, nicht in Berlin zu wohnen, tststs, Frau Kirsche. Also recht.

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  3. Ich denke, es ist schön, wenn man darürber nachdenkt und seine eigene Konsequenz daraus zieht. Diese Welt gibt es einfach nicht her, daß man ALLES richtig machen kann. Da zählt jeder Schritt in die richtige Richtung.
    LG Lotti

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  4. Da hast du recht! Hab einen schönen ersten Advent!

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  5. Schöner Artikel, mir gehts auch so. Ich will schon lange nicht mehr meine Kinder und mich auf Kosten anderer Leute Kinder einkleiden...der Brand in der Textilfabrik hat mich auch sehr beschäftigt. Ich kann nun leider (noch gar) nicht nähen und greife daher momentan auf 2nd Hand zurück. Für die Kinder ist das einfacher, weil die nicht so eitel sind bzgl. der PAssform und noch nicht so eigen, was ihren Geschmack betrifft ("Hauptsache, was mit lila und Bob der Meister" öhö). Für mich ist es schon schwieriger, zumal anprobieren auch einfacher zu Hause geht, wenn man den SPaß, der nicht passt, dann schlicht wieder in den Karton packt und zu Hermes bringt.... aber nun gut. Allerdings kaufe ich weder Strumpfhosen noch Unterwäsche 2nd Hand. Momentan bin ich auf der Suche nach einem Wintermantel und leider bin ich geschmacklich auch eher eigen. Also am besten lerne ich dann doch mal nähen. Schöne Woche wünsche ich Dir!

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  6. Du hast so recht, ich bin ganz Deiner Meinung, auch was Stoffe usw. betrifft! Wir können leider nur das eine Glied des Nähens ersetzen. Ich glaube und hoffe, daß sich durch das wandelnde Bewusstsein bei den Leuten auch immer mehr Möglichkeiten für Bio-Stoffe auftun, denn abgesehen vom Preis finde ich da kaum was, was ich wirklich gerne als Klamotte haben möchte.

    Aber dieses Gefühl, ich muss nicht mehr einkaufen, ist ein ganz ganz gutes, finde ich!
    LG, Katharina

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  7. Ich hatte ähnliche Gedanken gestern abend, als ich nach der Arbeit bei Peek & Cloppenburg war, auf der Suche nach einer mailsgelben Strickjacke. Ich hab noch ein bisschen geguckt, hier und da, die Röcke, aber nur kurz, denn: Wie gut, dass ich das alles selbst kann. Und ich dachte noch: Wie viel Zeit ich früher mit shoppen verbracht habe...
    Hihi, ich erinnere mich auch noch an den H&M, als er in Paderborn aufmachte.... Das war ein Fest! Ich kannte den nämlich nur aus Köln. Wir scheinen aus der gleichen Ecke zu kommen...

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  8. ja, eigentlich geht es mir auch so, ich möchte das nicht kaufen.
    leider ist aber finanziell nicht nur nachhaltig hergestellte kleidung drin. und stoffe sind ja auch nicht sooo billig...man muss leider kompromisse eingehen.

    lg katrin

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  9. Hallo,

    auch ich finde, dass man nicht alles richtig machen kann....ich finde auch, dass man auf dem Stoffkaufauge blind sein darf. Aber ich empfinde es als unehrlich, über die schlimmen Bedingungen in dem Prduktionahallen in anderen Ländern zu stöhnen, wenn man doch wieder nur durch die eigene Kaufentscheidung solch eine Arbeit unterstützt. Dann lieber gleich zugeben: (zwei Herzen schlagen ach in meiner Brust) Und ich kann auf neue, billige, konventionelle Stoffe für mein Nähhobby nicht verzichten. Deswegen unterstütze ich diese Bedingungen." Ich finde das nicht schlimm, aber einfach ehrlicher. Würde man nur secondhand-Klamotten verwerten (da keine Geld über die Theke eines Stoff-oder KLamottenhändlers geht) könnte man sich vielleicht ein bisschen rausziehen aus dem ganzen. Es wäre vllt. gesünder, billiger und Ressourcensparender
    LG, Anne

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  10. Du sprichst mir aus der Seele. Auch ich verweigere den Konsum, soweit ich es kann. Ich pflege die Sachen, die ich habe. Was ich nie trage (kaputt, doofe Farbe, falsche Größe), wird recycelt, entweder für mich selbst oder für meine Kinder. Ich kaufe auf dem Kleiderbasar der Kirchengemeinde, entweder um die Sachen zu tragen oder um sie umzuarbeiten. Es ist so viel Zeug vorhanden, es muss nicht so viel produziert werden.

    Ja, Schuhe kann ich auch nicht machen. Aber ich trage meine Schuhe ewig und wenn sie kaputt sind, versuche ich sie zu reparieren oder ich bringe sie zum Schuster. Das Reparieren geht natürlich bei teuren Schuhen mit Nähten besser als bei geklebtem Plastikkram.

    Unterwäsche für die Kinder habe ich schon genäht, als nächstes werde ich das auch für mich tun. Jerseyreste oder alte T-Shirts mit etwas Wäschegummi, eh voilà fertig sind die Dessous.

    Man muss eine Sache nicht perfekt machen. Jedes kleine Bisschen hilft. Wenn wir unsere Kleidung größtenteils selbst machen und nur noch Dinge wie BHs, Schuhe und Strumpfhosen kaufen, ist das doch alle Mal besser als aufzugeben, nur weil wir es nicht 100%ig machen können.

    Liebe, gleichgesinnte Grüße,
    Henriette

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    1. Noch ein Nachtrag:
      Wenn ich stundenlang durch die Läden renne und zig Sachen anprobiere, brauche ich mindestens genauso viel Zeit wie wenn ich die Sachen selbst nähe. Und dabei lerne ich noch etwas dazu, erweitere also meine Fähigkeiten. Dann darf das Material auch gern so vil Geld kosten wie die fertige Klamotte. Vor allem, wenn sie mir dann auch wirklich passt und gefällt.

      Heute habe ich bei einer sehr geliebten Fleecejacke (die ich mir vor 9 Jahren gekauft habe) den kaputten Reißverschluss ausgetauscht. Das hat mich 3,67 Euro für den Reißverschluss gekostet und eine halbe Stunde. Es ist niemand ausgebeutet worden und viel weniger neues Material verbraucht worden, als wenn ich eine neue Jacke gekauft hätte. Und ich habe völlig kostenlos etwas Neues ausprobiert und bin wieder ein Stück schlauer geworden.

      Okay, die Farbe passt nicht perfekt und ich habe den Stoff beim Nähen gedehnt, sodass sich die Jacke jetzt wellt. Das muss ich noch einmal auftrennen und neu machen. Aber ich sehe das als kostenlose Übungsstunde.

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  11. Geht ja gerade wieder einiges durch die Medien und schärft das Bewußtsein. (zu wenig eigentlich, wie ich finde) Ich habe im Zuge dessen eine Dokumentation zu entsprechendem Thema gesehen und bin erschüttert, wie groß die Ausbeutung der Arbeitskräfte (vor allem ihrer Gesundheit) und die Blendung der Käufer ist. Organische Biobaumwolle wächst direkt neben der Konventionellen. Wird in der Fabrik auch direkt nebeneinander (hinter den Kameras bestimmt auch untereinander) verarbeitet, um anschließend gemeinsam mit der gleichen, giftigen Farbe getränkt zu werden. (schwarz z.B. ist "natürlich" nicht herstellbar und ist immer ein einziger, gifitger Chemiecocktail)

    Selbst wer sich Biobaumwolle leistet und sie selber verarbeitet, hat also nicht nur Bio am Körper... Bestimmt sind kleine Schritte in diese Richtung besser als gar keine, aber ich finde es erschreckend, dass man gar nicht die Wahl hat "alles richtig" zu machen.

    In diesem Sinne, mir bleibt auch erstmal nur Recycling und selber nähen... herzliche Grüße, Marja

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  14. Wer für sich die Freiheit gewonnen hat, sich nicht mehr mit neuen "modischen" Klamotten zu verkleiden, dem kann ich nur gratulieren!

    Klamotten vom Flohmarkt, oder bei Verwandten fragen, die aussortieren (bzw. Freunde.... ) - man sollte sich da nicht schämen, im Gegenteil das ist gelebte Nachhaltigkeit (da die professionellen Kleidersammler eher schaden als nützen!)

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Vielen Dank für deinen Kommentar. Auch wenn ich nicht immer antworte, lese ich jeden Kommentar und freue mich sehr darüber.