Ich gehe nicht mehr shoppen. Ich habe jetzt schon seit Monaten keine Klamotten mehr gekauft. Das hat jetzt auch nicht primär mit meiner prekären finanziellen Lage zu tun. Ich will das einfach nicht mehr.
Die Gründe dafür sind vielschichtig und haben sich immer weiter zugespitzt. Ich fange mal vorn an.
Als Jugendliche haben meine Schwester, die nichtmal 2 Jahre älter ist, und ich zusätzlich vom Taschengeld auch noch Klamottengeld bekommen. Ich glaub, meine Mutter hat irgendwann einfach eingesehen, daß Klotten shoppen mit zwei pubertierenden Mädchen einfach unerträglich ist und sich auf unsere Idee eingelassen. Wir sind dann nach einigem Sparen alle Jubeljahre samstags vom Sauerland mit dem Zug nach Dortmund gefahren. Nur zum Shoppen. Die Stadt war für uns Landeier das absolute Paradies und wir haben unser ganzes Erspartes auf den Kopf gehauen. Dort haben wir dann unseren ersten H&M entdeckt und waren ganz hin und weg. Abgesehen von diverser Directionsfarbe und Punk oder Gothic Klamotten war der H&M für uns das Größte. Ich weiß noch genau wie glücklich ich war, als der erste Schwede dann auch in Paderborn, das ja deutlich einfacher zu erreichen war, aufgemacht hat.
Seitdem habe ich dort schätzungsweise ein paar Tausend Euro hingeschleppt. Und auch zu C&A, Pimkie, Orsay und Konsorten.
Irgendwann habe ich dann aber angefangen, mich zu fragen, warum die Sachen eigentlich so günstig sind. Die Masse allein macht den Preis ja auch nicht so klein. Wie ja wahrscheinlich bei jedem mittlerweile angekommen ist, haben solch niedrige Preise immer mit Ausbeutung von Menschen, Tieren oder der Umwelt zu tun unter anderem auch auf Kosten der Qualität.
Kürzlich ist in Bangladesh in einer Nähfabrik ein Brand ausgebrochen und da die Näherinnen dort unter miesen Bedingungen arbeiten müssen und die Gebäude nicht brandsicher gemacht werden, sind über 100 Näherinnen bei dem Brand ums Leben gekommen. Diese Fabrik arbeitet vielen europäischen Firmen zu, unter anderem C&A.
Abgesehen davon sind viele der verwendeten Farben für Billigkleidung giftig und die Färber und Näherinnen werden nicht gegen giftige Dämpfe geschützt.
Mich regt es einfach immer auf, wenn alle immer Wachstum und noch mehr Wachstum wollen, die Firmen immer reicher und reicher werden und die Arbeitnehmer immer ärmer und kränker oder sogar tot. So kann das doch nicht weitergehen! Was ist das denn für eine Welt in der wir leben? Warum bekommen die Leute, die Sachen verkaufen immer viel mehr vom großen Kuchen als die Leute, die die Sachen herstellen?
So, jetzt könnte man natürlich sagen, dann geh halt in Läden, die sich an der Ausbeutung anderer Menschen, Tiere und Umwelt nicht beteiligen. Die gibt es und die sind auch unterstützenswert, aber leider leider kann ich mir das nicht leisten.
Jetzt habe ich ja das große Glück, daß ich nähen kann. Hurra! Natürlich ist mir bewusst, daß die niedrigen Preise am Maybachufer auch nicht mit rechten Dingen zugehen können, aber immerhin lasse ich so ein Glied der Ausbeutungskette aus und ersetze es durch mich selbst.
Jetzt muß ich nur noch Schuhe machen können!